Grauer Tag
Andere über Igor Rutter
"Auf dem Lande aufgewachsen, nehmen
deshalb ländliche Themen noch heute einen wichtigen Platz bei der
Themenauswahl des Künstlers ein. Schon als Schüler besucht er
die Kunstschule für Kinder, später die Kunstoberschule. Nach
dem Abschluß der Schule folgt ein Studium an der Leningrader Kunstakademie.
Erste Erfolge erzielt er in der Theatermalerei, die auch seinen späteren
Stil wesentlich prägte. Danach folgen Reisen durch die ehemaligen
Republiken der Sowjetunion. Die dabei gewonnenen Eindrücke und die
Beschäftigung mit den Alltagsproblemen der Menschen führen zu
einer immer stärkeren Darstellung der inneren Welt."
Aus einem Beitrag
von Peter Kuhlemann in seinem Buch
"Künstler auf Sylt.
MalerBildhauerGrafiker", Feikes Verlag
© 1999 Feikes Verlag
und der Verfasser
***
"Maler und Erzähler von Format"
Ich versuche jetzt mal so etwas Ähnliches
wie eine Rede zu halten, wie sie nun einmal zu einer Vernissage dazugehört
- denn ich spreche nicht als Kunstexpertin - die ich nicht bin - zu Euch,
sondern ich spreche über die Bilder und das Talent eines guten Freundes
dieses Hauses und ich spreche zu Freunden und guten Bekannten dieses Hauses
zu Ehren von Igor, der auf so wundersame Weise zu uns gekommen ist.
Mit Igors Bildern - insbesondere
denen aus seiner russischen Periode - geht es mir so wie mit dem 'Kleinen
Prinzen': "Man sieht nur mit dem Herzen gut". Die Bilder sprechen mich
jenseits aller künstlerischen Fertigkeiten in meinem tiefen Inneren
an.
Nun - Igor gehört in unseren Kreisen
noch zu den jugendlichen Hüpfern. Er wurde 1959 in der Sowjetunion
in Komsomolsk am Amur geboren und verbrachte seine Kindheit in Tschesnokowo.
Er wuchs also auf dem Lande auf, und so ist es nicht verwunderlich, dass
einige seiner anrührendsten Bilder, z.B. Der Harmonikaspieler, Grauer
Tag, Vergangenheit, ländliche Themen aus seiner Kindheit aufnehmen.
Schon damals war sein außerordentliches
Talent unübersehbar. Er besuchte die Kinderkunstschule, später
die Kunstoberschule "Johanson". Nach dem Abschluss dieser Schule als bester
Schüler studierte er an der weltberühmten Kunstakademie
"Ilja Repin" in Leningrad. Hier erzielte
er erste Erfolge in der Theatermalerei, die seinen späteren Stil und
seine Vorliebe für große oder gar monumentale Bilder wesentlich
prägte.
Danach folgten Reisen durch die ehemaligen
Republiken der Sowjetunion. Die dabei gewonnenen Eindrücke und die
Beschäftigung mit den Alltagsproblemen der Menschen führten zu
einer immer stärkeren Darstellung der inneren Welt. In Igors volkstümlicher
Malerei (z.B. Der Harmonikaspieler) steckt Sinnlichkeit, eine innige Beziehung
zu den Menschen. Auch große Menschengruppen hat er auf die Leinwand
gebannt. Scheinbar in Gesellschaft, bleibt jeder einzelne doch isoliert
und ist mit sich allein.
Igors "Liebespaar" offenbart deutlich den
Stil des Malers. Die runden, manchmal auch ovalen Kompositionen seiner
Bilder bringen Dynamik; die kantigen Gesichter stehen für die Grobheit
und Einfachheit des Lebens.
Wer Igors Bilder kennt und in Muße
auf sich wirken lässt, kommt unschwer zu dem Eindruck, dass sie sowohl
das neue als auch das uralte Russland repräsentieren, dass er so jung
und lebendig, aber auch episch, dramatisch, turbulent und dennoch lyrisch
zu gestalten vermag: denn Igor ist nicht nur Maler sondern auch Erzähler
von Format.
Er beherrscht sein Handwerk, und es gibt
keinen Stil, in dem er nicht zu brillieren wüsste. Manche seiner Bilder
erinnern an die alten Meister - von Rubens bis Rembrandt (z.B. Stilleben
mit Zitrone oder das Porträt von Superintendent Magirius.
Seine Bilder von Liebespaaren wirken ausgesprochen
lyrisch und lassen Assoziationen zu Chagall wach werden. Aber wo Chagall
traumhaft und farbig ist, wird Igor realistischer, erdverbundener, sozialkritischer,
ja, man denkt an van Goghs berühmte Kartoffelschäler. So wird
Igor denn auch als sozialkritischer Künstler eingestuft. Da drängen
sich Parallelen auf: etwa zum Naturtalent Gorki, zu den Bauern bei Tolstoi,
auch Dostojewski klingt an, nicht zuletzt Kopeljew.
Und dennoch hat Igor einen ganz eigenen
und unverwechselbaren Stil. Er bezeichnet ihn selbst als "naiv-intellektuell"
oder auch als "parodistisch-intellektuell".
Hinzu kommen seriöse Porträt-Bilder
dieses im besten Sinne akademischen Malers. Von Leningrad über Leipzig
nach Paris, Sylt bis nach Timmern: Igor ist auf der Suche. Er will auch
jene Teile der Welt kennen lernen, die ihm bisher verborgen blieben. Das
Leben in seiner Vielfalt und Einfalt malen zu können, ist sein Ziel,
um es zu ergründen, ist er ausgezogen. Und er ist damit noch lange
nicht am Ende seiner Möglichkeiten.
Eröffnungsrede
zur 1. Braunschweiger Ausstellung von Igor Rutter
im Jahr 2001, gehalten von
Anja Hallermann, Kunstlehrerin und Kunstmäzenin
Der Harmonikaspieler